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Dialogische Gestalttherapie

„Es gibt eine bedeutende Richtung der Gestalttherapie, die vor allem von Laura Perls, Erv und Miriam Polster, Garry Yontef, Rich Hychner in den USA und in Deutschland von Frank M. Staemmler, Erhard Doubrawa und Achim Votsmaier-Röhr vertreten wird: Die dialogische Gestalttherapie, die auf dem Gedankengut von Martin Buber fußt. Für die dialogische Gestalttherapie steht die Qualität der therapeutischen Beziehung deutlich im Vordergrund. Martin Bubers Differenzierung der Ich-Du- und Ich-Es-Beziehung, seine existenzialistische Religiosität, welche die Grundlage der spirituellen Dimension der Gestalttherapie darstellt, sind also zentrale Wurzeln der Gestalttherapie.“ 

Albrecht Boeckh, Die Gestalttherapie: Eine praktische Orientierungshilfe, Kreuz Verlag

Alexander Kopp - Gründer und Leiter des Gestalt-Training-Center ist Schüler von Erhard Doubrawa. Er führt die Praxis der dialogischen Gestalttberatung in diesem Geiste fort.

Erhard Doubrawa dazu: 

Gestalttherapeutinnen und Gestalttherapeuten sind selbst bereit zu fühlen – auch im therapeutischen Prozess – und das ist der Schlüssel für ihre Klientinnen und Klienten: Wenn ich sehe, dass mein Gegenüber Gefühle bei sich zulässt, dann bin ich ermutigt, das auch bei mir zu tun, so als würde die Seele sogar danach verlangen. 

Also der erste Schritt ist, dass ich als Gestalttherapeutin oder Gestalttherapeut bereit bin, selbst zu fühlen. Gestalttherapeutinnen und Gestalttherapeuten haben sich zum „seelischen Reisebegleiter“ ausbilden lassen. Wie bei jeder Reise ist es gut, wenn der Reisebegleiter diese vorher schon einmal selbst gemacht hat.“ 

Das ich wird am Du.
Martin Buber

Das Fundament im Prozess in der dialogischen Gestaltberatung bildet die Qualität der Begegnung - das entstehende Zwischen in der Beziehung von Therapeut/Coach und Patient*in/Klient*in.

Dialogische Gestalttherapeut*innen orientieren sich in Ihrer Arbeit an der Beziehungsphilosophie Martin Bubers und dem was er als Ich-Es und Ich-Du Beziehung zwischen Menschen und von Menschen zur Welt beschreibt.

 

Bei der Begegnung im Ich-Es Modus werden die Menschen, Dinge, Symptome, etc. zu Objekten, die wir beschreiben, kategorisieren, einreihen, analysieren, zweckgerichtet verändern wollen, usf..

 

Diese Haltung nehmen Klient*innen/Patient*innen sich selbst, Ihren inneren Anteilen, Verhaltensweisen und Symptomen erfahrungsgemäss ohnehin bereits unbewusst in Hohen Maße ein. Verständlicherweise steht die Frage im Vordergrund: "Wie kann ich mich verändern, anders denken und fühlen, mich anders Verhalten, das "Symptom wegmachen, ein besserer Mensch werden, usf..

 

Denkweisen, Gefühle, Verhalten, Symptome werden in der Haltung von dialogischen Gestalttherapeut*innen vielmehr Bestandteile und als Folge oder Beipackzettel einer ehemals und möglicherweise immer noch notwendigen Lösung für ein "Problem" angesehen - als schöpferischer Akt, als hochfunktionale und kreative Lösung, die Klient*innen oder Patient*innen gefunden haben.

Im Mittelpunkt stehen die Fragen wie: Wie sieht diese Lösung genau aus, wie lässt sich diese Lösung phänomenologisch beschreiben - welche Gedanken, Bilder, Gefühle, Stimmungen und Körperempfindungen lassen sich beschreiben? Was ist das Gut, das das mit dieser Lösung verwirklicht wurde und möglicherweise immer noch verwirklicht werden soll?

Mit dieser Grundhaltung entsteht in der Begegnung Würdigung dessen, was ist, gleichzeitig wird die bisher unbewusste Struktur und Beschaffenheit der Lösung und die Phänomene aus denen sie besteht immer deutlicher und gelangt immer mehr ins Gewahrsein. Patient*innen bzw. Klient*innen beginnen, sich selbst anzunehmen und zu würdigen. Sie lassen sich immer mehr darauf ein, der Mensch zu sein, der sie gerade sind. Die Energie, die bisher in dem Versuch gebunden war - sich mit großer Anstrengung und häufig großer Frustration Versuch sich einem Idealbild von sich selbst zu nähern 

Projektion

Einem anderen Menschen werden Dinge unterstellt, die man bei sich selbst ablehnt. Jemand ist wütend, aber hat z.B. die introjizierte Norm, dass man nicht wütend sein dürfe. Wohin mit der Wut? Der Wütende spürt sie ja! Da er sie aufgrund seiner Norm nicht haben darf, unterstellt er, dass der andere wütend sei - der vielleicht gar nicht wütend ist. Wem aber lange genug unterstellt wird, dass er wütend sei, wird am Ende wütend. Eine Kontaktstörung ist das, weil der Gegenüber nicht so wahrgenommen wird, wie er ist. Darum kann man mit ihm nicht wirklich in Kontakt treten.

Konfluenz

Konfluenz bezeichnet fehlende Kontaktgrenzen gegenüber der Umwelt. Wer sich immer nach den Erwartungen anderer richtet, jeden Konflikt vermeidet, Harmonie und Nähe um jeden Preis herstellen will, ist "konfluent". Er grenzt sich nicht ab. Die Kontaktfunktion des Konfliktes fehlt. Die Konfluenz harmoniert besonders mit der Introjektion.

Deflektion

Deflektion. Jemand versucht, dem notwendigen Konflikt durch Ausweichen zu entgehen. Er wendet sich ab, schläft ein, "deflektiert". Es fehlt wie bei der Konfluenz die Kontaktfunktion des Konfliktes. Aber der Konflikt wird nicht durch "konfluente" Eingliederung in die Umwelt vermieden, sondern durch "deflektierenden" Rückzug aus der Umwelt. 

Introjekt

Introjektion bezeichnet die "unverdaute", "unassimilierte" oder "unangepasste" Aufnahme von Nahrung, Normen usw. Dinge werden "als Ganzes" geschluckt, ohne angepasst (integriert) zu werden. Das können unzerkaute Lebensmittel ebenso sein wie unverstandene oder uneingesehene Normen. Das introjizierte "Ding" ist das "Introjekt". Eine Kontaktstörung ist das, weil der Mensch, der etwas introjiziert, das Introjekt so wenig wie möglich "berührt". Er tritt nicht in Kontakt mit ihm, sondern schluckt es schnell hinunter, um keinen Kontakt zu haben. Darum liegt ihm das Introjekt auch schwer im Magen, weil nämlich das Verdauen - der gestalttherapeutische Name dafür ist "Assimilation" (Anpassung) - selbst eine Kontaktfunktion ist.

Retroflektion

Retroflektion. Jemand meint beispielsweise, auf jemand anderen wütend sein zu müssen. Seine Norm sagt ihm aber, dass Wut etwas Schlechtes sei. Er darf also nicht selbst wütend auf den anderen zugehen, weil er dann ja seine Norm verletzen würde. Wohin mit der Wut? Er richtet die Energie der Wut gegen sich selbst, denn keine Norm verbietet ihm, Wut gegen sich selbst zu richten. Das ist Retroflektion.

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